Trockene Zeiten …

geschrieben von Heiko am 4. Februar 2007
Kategorie: Aktuelles


Zeit-Kidnapping gehört zu den gebräuchlichsten Vergehen Guineas. Auch der Präsident verschleppt gerade mal wieder die Zeit. Zwar schwoll vergangene Mittwochnacht gegen 22.00 die Stimme des Volkes zu einem Jubelschrei an, als in den Nachrichten verkündet wurde, der Staatschef habe das ihm aufgedrückte Reformdekret unterschrieben. Aber damit hatte es sich auch schon. Zwischenzeitlich traf sich unser Präsident mit seinem (Zitat) „Bruder“, dem Chef von Guinea Bissau, der ihm Wege aus der Krise weisen will. Seine letzte Wegweisung war es gewesen, Söldner nach Guinea zu schicken, welche die Demonstranten zusammenschossen… Davon abgesehen passierte nichts. Außer, dass die gesenkten Preise bisher ihrer Umsetzung harren, zumindest in Télimélé. Zwar gelten sie nun schon seit vier Tagen, doch Sprit gibt’s schon seit Wochen keinen mehr an der Tankstelle. Und somit auch keine billigen Preise. Die Reisgroßhändler sind besonders clever und verkaufen erstmal keinen Reis. Ähnliches war auch aus Conakry zu hören. Die Preise für andere Nahrungsmittel blieben desgleichen auf dem beliebten hohen Streikniveau. Zwar hat die Opposition versprochen, die Situation weiter zu verfolgen und droht für die kommende Woche mit Demonstrationen. Aber im Großen und Ganzen sitzt Guinea weiter auf dem Trockenen.

Was wir leider von uns nicht behaupten konnten. Im Gegenteil, wir durften den vielbesprochenen Klimawandel live und in Farbe miterleben. Es geschah am Freitag, dem Tag 23 unserer unendlichen Dachreparatur. Solange konnten wir mittlerweile die Sonne durch die Ritzen unseren löchrigen Plafonds bewundern. Mal hatten die Arbeiter keine Lust, oder sie stritten sich mit dem Hausbesitzer. Oder dessen Auto war kaputt. Oder er hatte kein Geld mehr. Wie auch immer, das sollte ja absolut keeeein Problem sein, schließlich war es Anfang Februar – und mitten in der Trockenzeit. Zwar äußerte Romy am Vorabend des Freitags ihre Zweifel an der Trockenheit, weil der Himmel so bewölkt und die Luft so schwer waren – wurde aber von den lebenserfahrenen Guineern nur ausgelacht. „Im Februar gibt es keinen Regen! Hat es noch nie!“ Wir waren deshalb nicht sehr überrascht, als es am folgenden Tag die Tropfen auf der blechernen Zwischendecke aufschlugen. Nun, es ging kein Wolkenbruch auf uns herunter. Aber auch ein solider Nieselregen kann über sechs, sieben Stunden ein dachloses Haus solide unter Wasser setzen. Schlappe 400 Liter, gut verteilt. Unser offenes Dach sah von oben aus, wie eine korrodierte Badewanne, mit gut erhöhten Wänden und siebenhunderttausend Abflüssen. Unsere Wände erinnerten an die berühmten Computerbildschirme in „Matrix“: in braunen Streifen lief die rostige Realität dem Fußboden entgegen. Die Stoffbahnen, die wir als „Himmel“ an die Zwischendecke getackert hatten, waren vollgesogen, wie Kumuluswolken. Und genauso regneten sie auch ab. Schweigen wir über die Möbelpack- und Abdeckaktionen dieses Vormittags. Wir werden in den nächsten Tagen nicht über Langeweile klagen. Naja, immerhin hatte diese Regenattacke einen positiven Nebeneffekt. Der Hausbesitzer war so schamerfüllt, dass er die Maurer und Zimmerleute noch am selben Morgen herankarrte, und sämtliche alte, rostige und löcherige Wellbleche wieder aufs Dach nageln ließ. (Habe ich schon erwähnt, dass er eher der sparsamen Fraktion angehört?) Immerhin hatten die alten, rostigen und löcherigen Bleche eine viel größere Dachneigung. Wahrscheinlich, damit das Wasser mit größerer Beschleunigung durch die Decke tropfen kann.

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